Lernen durch Erfahrung

  • Hans M. Verheijke

Hans M. Verheijke

Gründer & Chairman
Business Performance Academy

Der Gründer und Chairman der Business Performance Academy blickt auf eine mehr als 35-jährige internationale Karriere als Führungskraft zurück.

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Lernen durch Erfahrung als Schlüssel zum Erfolg

Artikel von Hans M. Verheijke,
Gründer und Chairman der Business Performance Academy

Die Menschheit ist vom Lern- und Entwicklungsprozess fasziniert. Wäre dem nicht so, würden wir noch in der Steinzeit leben.
Lernen und Veränderung sind komplizierte Prozesse. Auch hat sich gezeigt, dass ein gewisser Widerstand gegen Veränderungen in uns verankert ist. Fragt man allerdings das Top-Management einer Organisation danach, die ideale Leitkultur eines Unternehmens zu benennen, steht an oberster Stelle Offenheit für Veränderungen. Seit über 25 Jahren ist Change Management eines der nachgefragtesten Themen, wenn es um Führung geht und daran wird sich meiner Meinung nach in Zukunft nichts ändern.

Eine offene Einstellung zu Veränderungen zu haben, ist für die Führungskräfte von heute wichtiger, als es jemals war: Noch nie war der Fortschritt in technischem und digitalem Bereich so rasant – im Vergleich zu vor 50 Jahren gibt es heute an jedem einzelnen Tag mehr Innovationen als in dem Zeitraum eines Jahres zur damaligen Zeit.
Führungskräfte müssen pro-aktiv und bereit für Veränderungen sein, sonst stehen sie sich selbst im Weg.

Warum legen Führungskräfte oft eine rückwärtsgewandte Haltung an den Tag? Es ist einfach, dies mit Furcht vor Unsicherheit zu erklären, diese Antwort erscheint mir aber zu allgemein. Lernen bedeutet ebenfalls Veränderung, vor allem in Bezug auf Führungsstil und –verhalten.
Woran liegt es, das Teilnehmer klassischer Change Management Seminare aus ihrem Training so wenig mitnehmen und umsetzen – gerade mal 0 – 5 %, würde ich behaupten? Einer der Gründe liegt darin, dass zwischen dem, was Menschen wissen und wie sie sich verhalten, kaum eine Verbindung besteht (In vergangenen Zeiten landete ein Professor für Ethik im Gefängnis, da er ein ethisch nicht tragbares Verhalten an den Tag legte). Manager können über ein großes Wissen im Bereich Talentmanagement verfügen und die Talente ihres Teams immer noch nicht wahrnehmen.

Modern wie nie: Das Learning by doing-Prinzip

Während meiner weitreichenden Tätigkeit als Personal Coach und Trainer für Führungskräfte habe ich einen umfassenden Einblick in die Ergebnisse und Auswirkungen von Lernprozessen bei über 5.000 Leuten erhalten. Dabei habe ich zwei wesentliche Punkte analysiert: zum einen die wichtigsten Kompetenzen erfolgreicher Führungskräfte und zum zweiten die effektivste Art, zu lernen und das Gelernte anwenden zu können. Ich befasse mich hier mit dem zweiten Punkt – wer hat die besten Resultate aus einem Training und dem Input eines Coachings erzielt und aus welchen Gründen? Es hat sich eindeutig gezeigt, dass diejenigen, die bereits während des Trainings eine Haltung des „Learning by doing“ zeigten, das Meiste lernten und das Höchstmaß an Resultaten erreichten.
Nun ist das Prinzip „Learning by doing“ oder das „Meister-Geselle-Prinzip“ so alt wie die Menschheit selbst und stellt keineswegs eine Weltneuheit dar. Aber hier muss man differenzieren: es geht nicht darum, sich lediglich eine Fähigkeit anzueignen, sondern ein Verhalten. Studien belegen, dass der EQ erfolgreicher Führungskräfte höher ist als ihr IQ, demzufolge haben diejenigen mehr Erfolg, die in der Lage sind, für Veränderungen zu motivieren, als diejenigen, die alles über Veränderungen wissen.

    Jetzt stellt sich die fundamentale Frage: Wie schafft man es, diese Haltung des „Learning by doing“ zu erreichen?

    Grundsätzlich ist es falsch, davon auszugehen, dass sich der Lernprozess eines Erwachsenen von dem eines Kindes groß unterscheidet. Dies lässt sich an einem ganz einfachen Beispiel verdeutlichen: Damit ein Kind lernt, auf dem Fahrrad Gleichgewicht zu halten, muss es selbst ausprobieren, wie dies funktioniert. Eine Führungskraft muss sich seiner Situation und speziell seiner emotionalen Verhaltensweisen bewusst sein, wenn sie auf eine neue Situation reagiert. Durch eine schriftliche Prüfung oder eine Power-Point-Präsentation kann diese Selbstsicherheit niemals entstehen, einzig und allein durch eigene Erfahrung ist dies lernbar.

    Diesen Prozess des Event-Learnings zu Beginn eines effizienten Change Management Trainings zu erleben, ist entscheidend.
    Um ein konkretes Beispiel zu benennen: In einem Krimi-Restaurant müssen die teilnehmenden Führungskräfte ein Verbrechen lösen. Nur wer die relevanten Fragen stellt und in der Lage ist, seine Emotionen zu managen, hat Erfolg. Durch das darauffolgende Feedback im Trainingsraum, das ihm seine Beobachter geben, wird das Selbstbild des Teilnehmers geformt.
    Je mehr verschiedene Situationen des Event-Learnings mit nachfolgender Rückmeldung durchlaufen werden, desto sicherer wird das Selbstwertgefühl des Teilnehmers und dies stellt die Basis für die zweite Lernphase dar.

    Emotionale Energie als Basis

    Diese zweite Phase ist der kognitive Teil, bei dem konkrete Inhalte präsentiert werden sollten, um die Führungsqualitäten des Teilnehmers zu entwickeln. Im Vergleich zu klassischen Seminaren starten die Teilnehmer hoch motiviert in diesen zweiten Teil. Sie haben hohes Interesse daran, zu lernen, sie sind bereit, neue Lerninhalte aufzunehmen und legen eine positive Haltung an den Tag.

    Diese emotionale Energie, die in der ersten Phase geschaffen wurde, ist für lang andauernde Lerneffekte von höchster Bedeutung. Wird diese emotionale Phase vernachlässigt, geraten Lerninhalte schnell in die Vergessenheit. Die Aktivierung des EQ wird benötigt, um Wissen zu verankern und bildet das Rückgrat für authentisches Verhalten.

    Nachdem im ersten Teil des Trainings die optimale Lernhaltung entwickelt und im zweiten Teil konkrete Führungskompetenzen verankert wurden, ist der Teilnehmer des Trainings nun bereit für die dritte, personalisierte Phase. Er übt auf ihn zugeschnittene Situationen aus dem Führungsbereich und empfängt konkretes Feedback zur Nachhaltigkeit und Verbesserung seines Verhaltens. Während dieser dritten Phase nutzt der Trainer im idealen Fall die emotionale Lern-Antenne des Teilnehmers, um Gebrauch von der „positiv-provokativen“-Methode zu machen, ihn aus der „Komfort-Zone“ in die „Beanspruchungs-Zone“ zu holen und erneut den emotionalen Teil zu integrieren – soziale Intelligenz in Verbindung mit modernen Führungskompetenzen.

    Bei dem idealen Training werden diese Führungskompetenzen mehrere Tage hintereinander über die beschriebenen Phasen trainiert. In Kombination mit einem Leadership Assessment am Beginn des Trainings sind Teilnehmer für den Abschluss des Trainings bereit: Das Erarbeiten eines Persönliches Planes (PDP) im Zusammenarbeit mit dem Trainer, um die Kompetenzen in der Praxis anzuwenden. Zurück in seinem Unternehmen zeigt dieser Plan dem Teilnehmer, wie er die eigenen Aktionspläne auf die Ziele des Unternehmens ausrichtet.

    Die Führungskräfte sind dazu bereit, ihr Verhalten zu ändern, weil die Motivation für die Veränderung mit ihrer neuen Haltung und einem positiven Gefühl begleitet wird. Entscheidend ist, dass der Antrieb von innen kommt: Menschen wollen sich verändern, aber sie möchten nicht verändert werden.